Das Beratungsunternehmen Landespflege Freiburg wurde seitens der Naturschutzverwaltung des Großherzogtums Luxemburg beauftragt, ein Förderprogramms für Agroforstsysteme zu konzipieren.
Die Zielsetzung des Auftrags ist die Entwicklung eines Systems, das den Akteuren einen niederschwelligen Einstieg in die Umsetzung von Agroforstsystemen ermöglicht. Gleichzeitig soll das Konzept eine Grundlage für ein effizient umsetzbares und kontrollfähiges Fördersystem liefern.
Die Bearbeitung erfolgt in Kooperation mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Waldwachstum und Dendroökologie.
Hintergrund und Vorgehen
Biodiversitätsverlust ist eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Der Rückgang an Arten, natürlichen Lebensräumen und Genressourcen schreitet besonders in den westeuropäischen Industrieländern mit ständig zunehmender Geschwindigkeit voran.
Die europäischen Kulturlandschaften sind weitgehend von der Landwirtschaft geprägt. In Luxemburg werden beispielsweise rund 51% der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. In anderen westeuropäischen (Nachbar)Ländern sind die Flächenanteile ähnlich groß (z.B. Deutschland 51%, Frankreich 54%). Die Vorgehensweisen der Landwirtschaft und die damit verbundenen Auswirkungen sind entscheidend für den Zustand der Ökosysteme.
Landwirtschaft zur Nahrungsmittelsicherung des Menschen folgt dem Grundprinzip, geeigneten Nutztier- und –pflanzenarten optimale Wachstumsbedingungen (Konkurrenzvorteile gegenüber anderen Arten) zu verschaffen. Hieraus ergeben sich zwangsläufig Eingriffe, die zu Einschränkungen der natürlichen Struktur- und Artenvielfalt auf entsprechend großer Fläche führen.
Als Teil des globalen Markt- und Handelsgeschehens ist der westeuropäische Agrarsektor auf permanente Produktionssteigerung ausgerichtet. Vor allem in Westeuropa lassen sich weitere Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft heutzutage größtenteils nur durch ständige Modernisierungen landwirtschaftlicher Verfahren in Verbindung mit ansteigendem Produktionsmitteleinsatz realisieren.
Verschiedentlich formulierte Erwartungen, durch Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft Entlastungen für Umwelt und Ökosysteme zu bewirken, haben sich bislang nicht bestätigt. Weder konnten Flächen in nennenswertem Umfang aus der intensivierten Nutzung genommen, noch die durch den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln verursachten Umweltbelastungen deutlich reduziert werden. Im Gegenteil nehmen Ausmaß und Geschwindigkeit momentaner Biodiversitätsverluste in den Agrarlandschaften ständig zu.
Die Problematik ist von höchster Dringlichkeit: Biodiversitätsverlust ist nicht lediglich als (Negativ)zustand zu verstehen, der durch bestimmte Gegenmaßnahmen abgestellt werden kann und in Folge dann wieder intakte Lebensräume zur Verfügung stehen. Biodiversitätsverlust ist vielmehr als ein Prozess zu sehen, dessen negative Auswirkungen sich im Zeitverlauf verstärken und ab einem bestimmten Kipp-Punkt möglicherweise unumkehrbar sind. Somit sind biologische Vielfalt und die Zukunft der Landwirtschaft gleichermaßen ernsthaft gefährdet.
Bereits in den Jahren 2016 / 2017 erteilte die Naturschutzverwaltung des Großherzogtums dem Beratungsunternehmen Landespflege Freiburg den Auftrag, die Potenziale von Agroforstsystemen (AFS) zur Verbesserung der ökologischen Situation in der Agrarlandschaft zu analysieren. Die Untersuchung zeigt, dass AFS grundsätzlich geeignet sind, die ökologische Situation landwirtschaftlich genutzter Lebensräume zu verbessern. Zudem wurden Anforderungen an die Rahmenbedingungen herausgearbeitet, die notwendig sind, um eine Umsetzung von AFS in einem Umfang zu ermöglichen, der spürbar positive Effekte auf die Ökologie der Agrarlebensräume in Luxemburg bewirkt (KAPHEGYI et al. 2017).
Das aktuelle Vorhaben baut auf der o.g. Voruntersuchung auf. Ziel ist, ein nationales Förderprogramm für AFS zu entwickeln, um den Anteil von AFS in Luxemburg signifikant zu erhöhen. Aktuell fehlen Förderprogramme, die die vielfältigen Potenziale von AFS umfänglich nutzen und gleichzeitig ein operationales und für die Antragsteller niederschwelliges System anbieten können. Wir streben ein kategoriales System an, das sich an der forstlichen Komponente der AFS orientiert und keine Festlegung der landwirtschaftlichen Komponente erfordert. Dies ermöglicht die Zuordnung sämtlicher bekannter AFS und eine problemlose Inkludierung zukünftiger Weiterentwicklungen von AFS. Damit bietet das System maximale Flexibilität für die Landnutzer bei stark reduziertem Aufwand für Verwaltung und Controlling.